Verkehrswende sicher gestalten
Der Ruf nach einer umfassenden Verkehrswende wird immer lauter, nicht nur um die Umwelt zu schützen, sondern auch um den Verkehrsraum zu entlasten und die Lebensqualität zu erhöhen. Doch die Entwicklung schreitet an vielen Stellen schneller voran, als es die Verkehrssicherheit auffangen kann und das könnte ein wachsendes Problem werden.
Besonders der Klimawandel und die übervollen Städte zwingen uns perspektivisch, grundlegende Veränderungen im Mobilitätsverhalten vorzunehmen. Faktisch gibt es eine massive Steigerung des Radverkehrsanteils. Andere Initiativen betreffen autofreie Innenstädte und politisch gefördert wird Elektromobilität. Doch wir dürfen den zweiten Schritt nicht vor dem ersten machen, sonst schaffen wir mitunter unnötig neue Gefährdungen, wie wir es aktuelle bei Elektrotretrollern („E-Scooter“) schon sehen: „Fun statt letzte Meile“.
Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass eine schnelle Erhöhung des Radverkehrs auch die Unfallzahlen steigen lässt. Um diesen Trend abzufedern, muss die Infrastruktur vielerorts schneller und besser ausgebaut werden. Auch Fahrtrainings speziell für ältere Menschen, die sich ein „E-Bike“ zulegen, müssen flächendeckend angeboten werden. Die Verkehrserziehung und insbesondere die Radfahrausbildung muss gesichert und weiterführenden Angebote umgesetzt werden. Und letztlich braucht es auch deutlich mehr Aufklärung zum sicheren Verhalten und Schutz, etwa durch Helme.
Ähnlich ist es mit der Idee von autofreien Innenstädten. Zur Entlastung des Verkehrs, Reduktion der Emissionen und zur Steigerung der Sicherheit mag das sinnvoll erscheinen, jedoch braucht es dann auch gute Konzepte, sonst werden Probleme nur verlagert. Unter anderem muss der öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden, zuverlässig und vor allem auch überall barrierefrei sein, sonst ist er nicht attraktiv genug. Und er muss von mobilitätseingeschränkten Personen genutzt werden können. Weiter müssen Konzepte erstellt werden, um die Mobilität aller Teile unserer Gesellschaft zu gewährleisten und die Mobilität auch auf der „letzten Meile“ zu sichern. Der Fußverkehr und Sharing-Angebote bei Fahrrad oder Motorroller werden sich dann ebenfalls erhöhen. Diese müssen sicher koordiniert und eingesetzt werden können.
Besonders bei der Elektromobilität sind Fragen der Nachhaltigkeit und der Sicherheit noch unbeantwortet, wie zum Beispiel die akustische Wahrnehmbarkeit durch Fußgänger. Oder denken wir an die E-Scooter, die als moderne und umweltfreundliche Fortbewegungsart in der Nahmobilität gefeiert wurden, aber auf den zweiten Blick auch etliche Nachteile brachten. Die Einführung war viel zu hastig und unbedacht in Bezug auf die Auswirkungen für Verkehrssicherheit und Umweltbelastung. Sie sind nun weitere Konkurrenten um den knappen Verkehrsraum, dürfen beinahe ohne weiteres von jedem gefahren werden und Mechanismen zur Regeleinhaltung gerade bei Verleihsystemen sind nicht ausreichend geklärt. Wir sehen täglich in Großstädten, dass sie oft unter Alkoholeinfluss genutzt werden. Sie werden zu zweit oder auf dem Gehweg gefahren und wild abgestellt oder in Büsche und Gewässer geworfen, wo sie teuer als Sondermüll entsorgt werden müssen.
Die Beispiele zeigen, wie wichtig eine Folgenabschätzung ist, um die Gefahren und Probleme zu minimieren, sonst erweisen wir der Verkehrssicherheit und nicht zuletzt auch dem Klima- und Umweltschutz einen Bärendienst.
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