Können Kinder immer schlechter Rad fahren?
Ein Hamburger Polizist schlug kürzlich Alarm und bemängelte die nachlassenden Fähigkeiten bei der Radfahrausbildung in der Grundschule. Eine ähnliche Meldung ging auch vor einigen Jahren schon durch die bundesweite Presse. Belastbare Zahlen gab es damals dazu nicht; nur die Beobachtungen vor Ort. Die BASt-Studie, die gemeinsam mit unserem Fachverlag VMS umgesetzt wurde und die motorischen Voraussetzungen bei der Radfahrausbildung untersuchte, zeigt zumindest auf, dass die Rahmenbedingungen einen wichtigen Einfluss haben: Wird z. B. in der Familie das Fahrrad viel genutzt? Gibt es im Wohnumfeld Möglichkeiten zum Fahren? Trainieren Eltern schon frühzeitig mit ihren Kindern auf dem Laufrad oder Roller und wie sieht es generell mit der Bewegungsförderung aus? Die Studie gab Hinweise, dass diese Faktoren Einfluss auf das sichere Radfahren haben und dass sich das Niveau durchaus senkt. Wie stark die Auswirkungen sind und ob sich eine allgemeine Bewertung daraus ableiten lässt, wird sich in Zukunft zeigen.
Wir sehen aber, dass sich der Alltag von Kindern und Jugendlichen gewandelt hat. Immer mehr Menschen zieht es in Städte und urbane Räume mit weniger freien Bewegungsmöglichkeiten. Das „Elterntaxi “schränkt die kindliche Mobilität ein. Digitale Kommunikations- und Unterhaltungsangebote und vor allem Videospiele üben mittlerweile den größeren Reiz aus und sind aber verbunden mit zunehmendem Bewegungsmangel. Die Lockdown-Phasen, während der Corona-Pandemie, haben diese Wirkungen zusätzlich verstärkt, denn da war die freie Bewegung quasi verboten worden. Dass dies direkte negative Auswirkungen auf die motorische Entwicklung haben muss, liegt auf der Hand. Aber wir können es noch nicht belastbar belegen. Die Beobachtung vor Ort allein reicht nicht, bietet aber Hinweise auf Problemstellungen. Aber sie kann subjektiv gefärbt sein und scheitert schon an der Definition, ab wann jemand „schlecht “fährt. Eine Vergleichbarkeit ist also noch nicht möglich. Wir brauchen mehr Fakten, um öffentlich den Missstand anzuzeigen und mit gezielten Maßnahmen dagegen zu arbeiten. Trotzdem müssen wir aber davon ausgehen, dass immer weniger Kinder gute Voraussetzungen für sicheres Radfahren haben. Deshalb muss der Stellenwert der Radfahrerziehung und Mobilitätsbildung weiter zu mehr Anstrengungen von Politik und in der Gesellschaft führen.
Vor allem müssen die Beteiligten sensibilisiert werden. Bei einer guten Verkehrserziehung haben wir es mit einem Zusammenspiel unterschiedlicher Akteure zu tun: allen voran die Eltern, aber auch Erziehungs- und Lehrpersonal, Polizei, Politik und Verwaltung – und natürlich Verkehrswachten. Und wir müssen früh anfangen und dann kontinuierlich Angebote schaffen. Das Radfahren lernen ist dabei wichtig und Eltern müssen sich hierbei ihrer Verantwortung bewusst werden.
Allerdings müssen wir sie weiter nach Kräften unterstützen. Wir müssen sie informieren, mit Materialien versorgen und das Umfeld schaffen. Es kann daher nicht sein, dass z. B. in Berlin Jugendverkehrsschulen ohne Ersatz geschlossen werden sollten und damit tausenden Kindern die Möglichkeit genommen wird, im Schonraum zu trainieren oder die Radfahr-Prüfung zu absolvieren. Gerade in den Städten muss es geeigneten Platz hierzu geben. Es ist eine Investition in die Zukunft
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