Baumunfälle

Die Deutsche Verkehrswacht fordert die Verantwortlichen der jeweiligen Straßenbaulastträger auf, vor allem auf Landstraßen zum Schutz von Mensch und Baum tätig zu werden und die einschlägigen Vorschriften und Empfehlungen mit Fristsetzung und finanzieller Förderung notwendiger Maßnahmen umzusetzen.

Beschlussfassung

  • Die „Empfehlungen zum Schutz vor dem Anprall auf Bäume“ (ESAB), ein Regelwerk der Forschungsgesellschaft FGSV von 2006, das die Zusammenfassung der notwendigen und wirkungsvollen Strategien darstellt, muss umgesetzt werden.
  • In Anlehnung an die „Richtlinien fĂĽr passiven Schutz an StraĂźen durch Fahrzeug-RĂĽckhaltesysteme (RPS 2009)“ mĂĽssen bei NeubaumaĂźnahmen „nicht verformbare punktuelle Einzelhindernisse“ innerhalb kritischer Abstände vom Fahrbahnrand (das sind meist 7,5 m) durch passive Schutzeinrichtungen geschĂĽtzt oder, falls notwendig, entfernt werden.
  • Die Schaffung neuer Hindernisse innerhalb dieser Bereiche widerspricht dem Grundsatz der Gefahrenvermeidung. Bäume sind eindeutig als derartige angesprochene Hindernisse anzusehen. Neuanpflanzungen innerhalb der kritischen Abstände sind somit zu unterlassen.

Problembeschreibung

In Deutschland sind in den letzten 20 Jahren die bei Unfällen mit Anprall an Bäume verunglückten Personen deutlich weniger geworden, aber es fanden 2013 immer noch 507 Verkehrsteilnehmer dabei den Tod und etwa 4.000 Personen wurden schwer verletzt. Im Einzelnen sind die Leichtverletzten bei Baumunfällen auf 62%, die Schwerverletzten auf 36% und die Getöteten auf 26% zurückgegangen. Die entsprechenden Rückgänge bei allen Unfällen auf Landstraßen (69, 45 und 32%) liegen allerdings in etwa bei diesen Werten, d.h. an dem Beitrag zur Gesamtbilanz hat sich wenig geändert. Dies liegt daran, dass die Unfallschwere durch Hindernisse neben der Fahrbahn nach wie vor erheblich erhöht wird. Bei 1000 Unfällen, bei denen Menschen durch das Abkommen von der Fahrbahn verletzt werden, kommen bei Bäumen am Fahrbahnrand derzeit 59 Menschen ums Leben, ohne Bäume sind es aber nur 21, bei Schutzplanken 36 Verkehrsteilnehmer (Quelle: UDV 2014). Man kann daraus ableiten, dass bei einem vollständigen Verzicht auf ungeschützte Bäume am Fahrbahnrand jedes Jahr mindestens ca. 250 Menschen mehr einen Unfall auf Landstraßen überleben könnten.

Die Entwicklung ist in den Regionen Deutschlands äußerst unterschiedlich. Wo Alleen zur Tradition gehören (z.B. Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern), hat man gelernt und ver-sucht mit Erfolg Mensch und Baum durch Schutzplanken und Tempolimits zu schützen. Andere Regionen (Hessen) sind allerdings soeben dabei, die Todesursachen für die nachkommende Generation von Menschen durch Bäume anzulegen, was sich in der Unfallstatistik schon abzeichnet. Waldstrecken sind im Übrigen als Vergleich weitgehend untauglich, denn die Linienführung und die damit zusammenhängenden Verhaltensweisen und Gefahrenempfindungen sind unterschiedlich zur geradlinigen Allee in der Ebene. Auch einzelne Bäume an Straßen sind eine Gefahr: Wer die Kontrolle über das Fahrzeug verloren hat, kann nicht mehr ausweichen.

Auf eine Wende in dieser Entwicklung kann weder durch Einsicht bei den FahrzeugfĂĽhrern gehofft werden, denn ihnen ist das Problem oft nicht bewusst, noch durch Einsicht bei den Verantwortlichen, denn es werden in vielen Regionen kontinuierlich noch an bisher nicht baumbestandenen StraĂźen ohne Notwendigkeit neue Alleen angelegt oder bestehende Situationen beibehalten, ohne Mensch und Baum zu schĂĽtzen.

Stand der Wissenschaft

Seit 1995 wissen wir um die besondere Problematik des Anpralls an einen Baum infolge des Abkommens von der Straße, denn seit diesem Jahr wird dieser Umstand in der Verkehrsunfallaufnahme ausdrücklich vermerkt und anderen Hindernissen im Seitenraum (z.B. Pfeiler oder Schutzplanke) gegenübergestellt. Seitdem ist bekannt, dass die große Zahl der schwe-ren Unfälle auf Landstraßen zu einem beträchtlichen Teil auf diese Unfallumstände zurückzuführen ist.

Es bestehen zwar technische Ansätze, durch die ein Verlust der Fahrzeugkontrolle seltener auftreten wird, z.B. durch Fahrzeugtechnik (ESP, Spurhalteassistent) und durch bessere Erkennbarkeit der Linienführung (nach den Grundsätzen der Richtlinien für die Anlage von Landstraßen (RAL)). Es wird aber auf absehbare Zeit weder zur Vermeidung des Abkommens von der Fahrbahn noch dazu kommen, dass überall auf Landstraßen Geschwindigkeiten deutlich unter 80 km/h praktiziert werden. Deshalb liegen für eine überschaubare Zeit die Potenziale der Sicherheitsverbesserung auf Landstraßen nur in der Minderung der Unfallfolgen. Hierzu können passive Sicherheitsausstattungen der Fahrzeuge und der Straßenräume beitragen. Hier hat sich in den letzten Jahren viel getan: Stichworte sind die neuen Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme (RPS), die vor allem den hindernisfreien Seitenraum anstreben, die neuen RAL mit ihrem Entwurfsklassengedanken, die Empfehlungen für das Sicherheitsaudit von Straßen (SAS) und die europäische Richtlinie 2008/96/EG über ein Sicherheitsmanagement für die Straßeninfrastruktur.

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Baumunfälle
Beschluss der Jahreshauptversammlung // 2015 // Frankfurt am Main

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Frankfurt am Main,

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