Verkehrserziehung stärken und ausbauen
Verkehrsunfälle, in denen Kinder verunglücken, wiegen immer etwas schwerer, denn Kinder haben ein hohes Schutzbedürfnis und müssen vieles, was sie für ihre Sicherheit im Straßenverkehr brauchen, erst noch lernen. Wenn ein Kind also verunglückt, dann haben meistens Erwachsene etwas falsch gemacht oder nicht richtig reagiert. So sehen wir immer noch, dass bis zu einem Alter von etwa 10 Jahren Kinder am häufigsten mitfahrend im elterlichen PKW verunglücken.
Im letzten Jahr sind über 25.000 Kinder im Straßenverkehr verunglückt. Das entspricht einem Anstieg von 16 Prozent gegenüber 2021. Wir wissen, dass sich nach Corona die Unfallzahlen insgesamt erhöht haben. Das liegt vor allem daran, dass die Menschen wieder mehr unterwegs sind. Bei Kindern kommt jedoch erschwerend hinzu, dass ihnen in wichtigen Entwicklungsphasen notwendige Erfahrungen und Lerninhalte fehlten. Dies hat bei Vielen Defizite herausgebildet, deren Folgen wir noch gar nicht richtig abschätzen können. Zum einen haben sie durch die Lockdown-Phasen der Pandemie einen enormen Bewegungsmangel und auch schädliche soziale Isolation erfahren. Zum anderen konnte die Verkehrserziehung und Mobilitätsbildung in Kita, Schule und Zuhause nicht stattfinden.
Die kurzen und vereinzelten Projekte zur Kompensation, wie zum Beispiel bei der Radfahrausbildung in der Grundschule, waren nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Auch viele Verkehrswachten haben sich tatkräftig engagiert, sofern auch sie nach der Pandemie schon wieder handlungsfähig waren. Doch das Angebot fand zeitlich begrenzt in der Freizeit und nicht flächendeckend statt.
Das fordert uns in der Verkehrssicherheitsarbeit heraus. Wir müssen den Stellenwert der Mobilitätserziehung in allen Bereichen erhöhen. Eltern müssen verstehen, dass sie eine große Rolle dabei spielen, ihre Kinder früh auf die eigenständige Verkehrsteilnahme vorzubereiten, Bewegung zu fördern, Verkehrsräume bewusst zu nutzen und mit ersten Fahrzeugen wie Roller oder Laufrad zu üben. Dazu gehört auch, eine eigene Mobilitäts-Biografie zu entwickeln und zum Beispiel den Schulweg zu trainieren. Die vielen Elterntaxis schaffen dagegen nur unnötige Gefahren vor dem Schultor und bremsen vor allem die Entwicklung der Kinder aus.
Letztlich muss aber die Verkehrserziehung in Kita, Schule und auch der Freizeit altersgerecht und vor allem verlässlich umgesetzt und gefördert werden. Ich denke hier auch daran, neue Angebote zu schaffen. So gibt es nach der Radfahrausbildung in der Grundschule kein verpflichtendes Angebot mehr zur Verkehrserziehung. Dabei ist der Bedarf besonders im Radverkehr sehr hoch, denn ab 10 Jahren verunglücken Kinder nun am häufigsten mit dem Fahrrad. Das liegt an veränderten Mobilitätsanforderungen und Rahmenbedingungen, aber auch an mangelnden Fähigkeiten.
Und passende Angebote gibt es bereits. Die Unfallforschung der Versicherer hat ein Radfahrtraining für die Sekundarstufe entwickelt, dass wir gemeinsam umsetzen und auch fest in die Lehrpläne der Länder integrieren wollen. Ich hoffe, dass sich mögliche Widerstände und Vorbehalte schnell auflösen und die Bildungsbehörden den Sinn und Nutzen erkennen.
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